Sonntag, 16. Mai 2010

Max Frisch-Tagebuch aus dem Nachlass

Frischs literarische "Tagebücher" (1946-49 und 1966-71) machen einen wesentlichen Bestandteil seines Oeuvres aus. Sie verknüpfen autobiografische und fiktionale Elemente, viele spätere Werke sind hier bereits skizzenartig angelegt. Weitere, 1982 begonnene Aufzeichnungen, wurden unter dem Titel "Entwürfe zu einem dritten Tagebuch" im vergangenen Jahr posthum veröffentlicht.



Es gibt Bücher, welche aus Geschäftssinn im Widerstreit von Interessen zwischen Autoren und Verlag veröffentlicht werden. Problematisch wird eine Veröffentlichung, wenn sie aus dem Nachlass stammt und von seinem Autor zu Lebzeiten nicht zur Veröffentlichung bestimmt war und daher nicht genehmigt wurde. Genau um eine solche Veröffentlichung handelt es sich bei Max Frischs Entwurf zu einem dritten Tagebuch, welcher seinem Alterswerk zuzuordnen ist. Wie der Titel dieser Publikation bereits eindeutig andeutet, handelt es sich um einen vom Autor verworfenen und abgebrochenen Entwurf.

Lange nach dem Tod von Max Frisch wurde in der Wohnung seiner ehemaligen Sekretärin eine unautorisierte Fassung seiner dritten Tagebücher entdeckt. Frisch lebte, als er dieses Tagebuch verfasst, abwechselnd in new York und seinem Bauernhaus im Bergdorf Berzona. Er bewegte sich zwischen Zürich, New York und Berzona (Tessin) und auch noch anderen Orten. Seine Entwürfe zu einem dritten Tagebuch enthalten Frischs Gedanken über Politik, seine persönliche Auseinandersetzung mit dem Tod, erzählt Episoden aus seinem Leben. Natürlich machte sich der Autor auch Gedanken über das Altern.






Die Veröffentlichung dieser persönlichen Tagebücher wurde von Frisch zu seinen Lebzeiten nicht autorisiert und so hat es nun im Vorfeld heftigen Streit gegeben um dieses Tagebuch, welcher sich um die Frage dreht: Darf ein nicht autorisiertes Buch veröffentlicht werden? Rosmarie Primault, die persönliche Sekretärin von Max Frisch, nennt diese Veröffentlichung einen Vertrauensbruch. Frischs hingeworfene Sätze seien nicht überarbeitet, sie ergäben ein falsches Bild.

Dieser nun veröffenlichte Tagebuch-Entwurf wurde aus einem Zwiespalt geboren. Über den Sinn dieser Veröffentlichung lässt sich nun trefflich streiten, dennoch: dem Willen des Autors steht das Interesse und die Neugier des Lesers an Max Frisch gegenüber. So entsteht ein Zwiespalt: Obwohl Frisch diese Veröffentlichung nicht zugestimmt hätte, ist der Leser ist dankbar für jede Zeile der Entwürfen zu einem dritten Tagebuch, wie der Suhrkamp-Verlag das Buch zurückhaltend genannt hat.



In der Schweiz ist darüber eine heftige kulturpolitische Debatte entbrannt, die man hierzulande kaum nachvollziehen kann. Auf der einen Seite steht der erklärte Wille von Max Frisch, gegen den hier gehandelt wurde, auf der anderen Seite geben die Texte ein wichtiges Zeugnis aus der letzten Lebensphase von Max Frisch und seinen Auseinandersetzungen vor allem mit den Phänomenen des Alters.



Obwohl die Veröffentlichung dieser Entwürfe den Leser natürlich neugierig macht, enthalten diese keine Geheimnisse über den Autor mehr. Bleibt die Frage offen, ob damit den Autoren wirklich in deren Sinn gehandelt wird, oder ihre Würde nach deren Ableben, dabei noch respektiert wird, vor allem, wenn es sich dabei um persönliche Tagebücher handelt.

Weblinks:

Max Frisch-Biografie - Biografien-Portal - www.die-biografien.de

Max Frisch - Zitate-Portal - www.die-zitate.de

Lesen Sie hierzu auch:



Tagebuch 1946-1949
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Tagebuch 1966-1971
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Entwürfe zu einem dritten Tagebuch
Entwürfe zu einem
dritten Tagebuch


Donnerstag, 6. Mai 2010

Von einer Reise am Mississippi entlang

Der Ort Hannibal am Mississippi ist Amerikas bekannteste unbekannte Stadt. Wenige werden je von diesem Ort im Bundesstaat Missouri - am rechten Ufer des Flusses gelegen - je in ihrem Leben gehört haben. Aber dennoch scheint dieser Ort den Menschen irgendwie vertraut zu sein.


Die Abenteuer von Tom Sawyer und Huckleberry Finn


Hannibal ist ein verschlafenes Nest, eine jener unzähligen vor sich hin gammelnden Kleinstädte im Westen Amerikas, von denen kaum einer Notiz nimmt. Hannibal ist jedoch auch eine Berühmtheit, war die Stadt das Vorbild für den Ort St. Petersburg, in dem ein gewisser Tom Sawyer sein Unwesen trieb und dann zur Strafe einen Gartenzaun weiß anstreichen musste.




In diesem schmucklosen Ort verbrachte ein gewisser Samuel Longhorne Clemens - besser bekannt als Mark Twain - seine triste Jugend. Von hier aus schickte er seinen anderen jugendlichen Helden, den anarchischen Huckleberry Finn, auf einem Fluss den Mississippi hinab.

Diese Fahrt auf dem mächtigsten Strom Nordamerikas war weit mehr als ein Ausflug oder ein lausbubiges Abenteuer. Es war eine Expedition, die direkt in Amerikas Abgründe führte. Auch heute noch ist davon viel zu spüren, wenn man Huckleberry Finns Reise - erzählt vom amerikanischen Schriftsteller Mark Twain - den großen Fluss hinab verfolgt. Er hat Amerikas großen Strom literarisch begleitet.

Tom Sawyer
Tom Sawyer


Huckleberry Finn
Huckleberry Finn




"Es ist idiotisch, sieben oder acht Monate an einem Roman zu schreiben,
wenn man in jedem Buchladen für zwei Dollar einen kaufen kann."









<a title="Von einer Reise am Mississippi entlang" href="http://literatenwelt.blog.de/2010/05/06/reise-mississippi-entlang-8526016/" target="blank">Von einer Reise am Mississippi entlang </a>/



Mark Twain-Weblinks:

Mark Twain-Biografie - www.die-biografien.de

Mark Twain-Zitate - www.die-zitate.de

Mark Twain - Lesen und hören. - www.twain-lesen.de

Samstag, 9. Januar 2010

Kurt Tucholsky zum 120. Geburtstag

Kurt Tucholsky

Kurt Tucholsky wurde am 9. Januar 1890 in Berlin als Sohn eines jüdischen Kaufmannes geboren. Kurt Tucholsky war ein berühmter Journalist, Publizist, Schriftsteller und Satiriker in der Zeit der Weimarer Republik des 20. Jahrhunderts. Er war ein bestimmender Intellektueller der Weimarer Republik.

Die Welt war seine Bühne. Großen Erfolg hatte er zu Lebzeiten als Satiriker und Schriftsteller. Bis heute ist er als Pazifist und politischer Schriftsteller bekannt. Aber Kurt Tucholsky ist viel mehr: Lyriker, Romancier, Journalist und ein Meister der beißenden Satire. Vor allem aber eine schillernde und auch widersprüchliche Persönlichkeit mit menschlichen Schwächen.

Er beherrschte mehrere literarische Genres und war zudem auch Weltbürger, Pazifist und politischer Schriftsteller. Kurt Tucholsky war eine schillernde Persönlichkeit seiner Zeit, nicht nur im Literaturbetrieb. Vor allem war er eine schillernde und auch widersprüchliche Persönlichkeit mit menschlichen Schwächen.

Auch als Frauenheld hatte Tucholsky großen Erfolg. Er hatte zahlreiche Affairen und Amouren. So sind es auch zwei Liebesgeschichten, die Anfang und Ende von Kurt Tucholskys Laufbahn bilden: "Rheinsberg" und "Schloss Gripsholm". Seinen Wohnort wechselt er fast so oft wie seine Liebschaften. "Dass man nicht alle haben kann", seufzt er in einem Gedicht. Allein "Rheinsberg" ist drei seiner vielen Freundinnen gewidmet, darunter Else Weil, der ersten Ehefrau, die er aber schon ein paar Wochen nach der Hochzeit betrügt.

Tucholsky war nicht nur die bestimmende literarische Größe der Weimarer Zeit, er war auch ein begnadeter Spötter und Satiriker. Als beißender Satiriker schrieb mit spitzer Feder gegen Krieg, Militarisms und Nationalismus, gegen Staat und Obrigkeit.



Sein politisches Urteilsvermögen entwickelte Tucholsky erst gegen Ende der Weimarer Reupublik. Je brauner die Weimarer Republik, desto beißender sein Spott un seine Satire, desto härter war das politisches Urteil des überzeugten Pazifisten. Über die deutschen Kriegstreiber schreibt er: "Die da sind kalt, eiskalt, ganz bewusst - echte Verbrechernaturen." Als überzeugter Nazi-Gegner lässt er sich nicht verbiegen. "In dem Fall, wo man seine Artikel entschärfen wollte, egal von welcher Seite, ob von der kommunistischen Seite oder von der eher rechtsliberalen, hat er gesagt: 'Dann druckt mich nicht. So - oder gar nicht'."

Doch gegen die Nazis war Tucholskys spitze Feder eine allzu schwache Waffe geworden. Mit Hitlers Machtübernahme landete der erklärte Gegner aller Obrigkeit auf den Listen der "Volksverräter" und "entarteten Schriftsteller" - als Jude, Linker, Antimilitarist und durch seinen beißenden Spott gegen alles "Deutsch-Nationale". Seit 1924 lebte Tucholsky überwiegend im Ausland, als Korrespondent und freier Schriftsteller in Paris und seit 1929 in Schweden. 1930 verlies Tucholsky seine Heimat Deutschland und siedelte endgültig nach Schweden.

Schloss Gripsholm

Ein Urlaub mit Lisa Matthias inspirierte ihn zu seinem letzten Roman "Schloss Gripsholm". Danach verstummte der begnadete Satiriker und Vielschreiber zusehends: Tucholsky, der die deutsche Sprache liebte, war heimatlos geworden: ausgebürgert, mittellos, gesundheitlich angeschlagen. Trotz zahlreicher Freundinnen trauert er seiner großen Liebe Mary Gerold nach. "Hatte einen Goldklumpen in der Hand gehabt und mich nach Rechenpfennigen gebückt", schreibt er ihr in einem Abschiedsbrief. Durch eine Mischung aus zu viel Whisky und Schlafmitteln ging Tucholskys bewegtes Leben viel zu früh im Alter von 45 Jahren auf tragsiche Weise zu Ende.





Mehr über Kurt Tucholsky erfahren Sie unter

Kurt Tucholsky-Gesellschaft

Kurt Tucholsky-Portrait - Tucholsky Gesellschaft - www.tucholsky-gesellschaft.de

Montag, 4. Januar 2010

Albert Camus 50. Todestag

Albert Camus

Albert Camus starb vor 50 Jahren am 4. Januar 1960 in Villeblevin / Yonne in Frankreich bei einem tragischen Autounfall auf dem Weg nach Paris. Er wollte mit dem Zug fahren, lies sich aber zur Autofahrt überreden und fand den Tod, als das Auto in Folge eines geplatzten Reifens verunglückte - die Bahnfahrkarte in der Tasche.

Camus war ein bedeutender und einflußreicher französischer Schriftsteller und Philosoph des 20. Jahrhunderts. Albert Camus war ein unabhängiger, unbeirrbarer Geist, der weder Ideologien noch Intrigen oblag. Der Denker war einer der bekanntesten französischen Autoren und ein bedeutender Vertreter des Existentialismus.

Er sei kein Philosoph, betonte Albert Camus, er glaube nicht genug an die Vernunft, um wie Hegel an ein System zu glauben und betonte immer den praktischen Wert der Philosophie für das Leben, »mich interessiert die Frage, wie man sich verhalten sollte«. - Der französische Schriftsteller und Philosoph beeinflusste nach 1945 als Schlüsselfigur des Existenzialismus maßgeblich die Entwicklung des geistigen Lebens in Europa. Camus gilt als unbestechlicher Intellektueller, der auch heute noch als einer der größten Denker des 20. Jahrhunderts gefeiert wird.

Nach dem Studium der Philosophie war Camus Schauspieler und Bühnenautor und gehörte während des Zweiten Weltkrieges der französischen Widerstandsbewegung an, der er 1942 beitrat. Im Zweiten Weltkrieg war Camus einer der Führer der französischen Résistance.


Der Fremde


Der Roman »Der Fremde« und der philosophische Essay »Der Mythos des Sisyphos« wurden 1942 veröffentlicht. Darin setzt sich Camus mit dem Sinnlosen und dem Absurden auseinander und erlangte erstmalig literarisches Ansehen. Camus wurde 1943 Mitbegründer der illegalen Zeitung "Combat". Ende 1943 arbeitete Camus als Lektor bei dem Verlag Gallimard und veröffentlichte den ersten "Brief an einen deutschen Freund".



Albert Camus-Werke

Der Fremde
Der Fremde
Die Pest
Die Pest
Der Fall
Der Fall
Der glückliche Tod
Der glück
liche Tod
Der erste Mensch
Der erste
Mensch
Der Mensch in der Revolte
Der Mensch in
der Revolte

Albert Camus

Er wurde früh sehr stark vom französischen Existenzialismus und von dem Philosophen Jean-Paul Satre geprägt, Bekanntschaft er 1944 machte. Der Existenzialismus entsprach einem Lebensgefühl, das von der Erfahrung des Zweiten Weltkriegs, des politischen Widerstands in der Résistance und des Zerfalls traditioneller Wertordnungen und Orientierungen geprägt ist. Es findet seinen Ausdruck in einer besonderen Sensibilität für die Absurdität der menschlichen Existenz, die für diese Generation von Philosophen charakteristisch ist.


Der Mensch in der Revolte


In den Nachkriegsjahren war er zusammen mit Jean-Paul Sartre - mit dem ihn kurze Zeit auch ein freundschaftliches Verhältnis verband - einer der Vordenker des Existentialismus. Sein bekanntestes philosophisches Werk aus dieser Zeit ist die Essay-Sammlung »Der Mensch in der Revolte« (1947-1951), die ihm neben viel Beifall auch vielerlei Polemik eintrug, nicht zuletzt die von Sartre, der ihm den Verrat linker Ideale vorwarf.

Sein literarisches Schaffen bewegt sich zwischen Dichtung und Essayistik auf der Grundlage einer Philosophie von der Sinnlosigkeit des menschlichen Daseins und vom Versagen des Gewissens. Den Existenzialismus deutete er in eine Philosophie von der Sinnlosigkeit des menschlichen Daseins.



Die Ausgangsposition von Camus atheistischer Weltanschauung lautet: Es gibt keinen Gott. Die Existenz des Menschen ist sinnlos. Was dem Einzelnen in dieser Situation bleibt, ist die Revolte. Die "permanente Revolte" sah er als Weg zur Überwindung des Absurden an. Der Mensch muss in der Lage sein, die Last der Sinnlosigkeit zu ertragen, Selbstverantwortung übernehmen und nach Glück streben. Nur so wird er Herr seines Schicksals und kann der die Absurdität des Lebens überwinden.

Camus prägende Erfahrung war der Zweite Weltkrieg und die Besetzung Frankreichs. Wer erkannt hat, was absurd ist, muss danach handeln und leben. Er entwickelte sein Denken aus den Erfahrungen des Krieges. Camus Philosophie ohne Gott ist der Versuch, dem Leben durch bewußte Anerkennung des Absurden einen Sinn zu geben. In seinen Werken schildert die Verantwortung des Menschen in einer absurden Welt, d.h. in einer Welt, in der der Mensch ohne Gott, sich selbst überlassen ist.

Nach Albert Camus lebt der Mensch - wie zur Zeit des Zweiten Weltkrieges - in einer absurden Welt, welche ihm kein lebenswertes Dasein ermöglicht. Da diese Welt immer stärker als das Individuum ist, hat der Mensch auch keine Chance sich gegen dieses Schicksal aufzulehnen. Das Absurde hat nur insofern einen Sinn, als man sich nicht mit ihm abfindet. Gegen die Absurdität des Lebens hilft nur die menschliche Solidarität.

Albert Camus wurde am 7. November 1913 in der Stadt Mondovi in Nordalgerien geboren.





Blog-Artikel:

Albert Camus als »Vordenker des Absurden«

»Der Mythos von Sisyphos« von Albert Camus

»Der Mensch in der Revolte« von Albert Camus

Weblinks:

Albert Camus-Biografie - Biografien-Portal - www.die-biografien.de


Albert Camus-Zitate - Zitate-Portal - www.die-zitate.de


Jean-Paul Satre-Biografie - Biografien-Portal www.die-biografien.de

Nackt in der Welt - 100. Geburtstag von Albert Camus - www.taz.de

Philosophisches Kopfkino - Was ist Existentialismus? - 3Sat - www.3sat.de/specials

Bücher-Shop Weblink:

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Samstag, 19. Dezember 2009

»Das Walnusshaus« von Miljenko Jergović

Das Walnusshaus
Das Walnusshaus

Miljenko Jergović, geboren 1966 in Sarajevo, lebt in Zagreb. Er arbeitet als Schriftsteller und politischer Kolumnist und ist einer der großen europäischen Gegenwartsautoren. Seine Bücher sind in zahlreiche Sprachen übersetzt und vielfach ausgezeichnet worden. Miljenko Jergović gehört zu den großen und bedeutendsten Erzählern Osteuropas. Zu seinen bekanntesten Werken gehören »Das Walnusshaus«, »Sarajewo Malboro« und »Freelander«.

Miljenko Jergović erzählt die Geschichte einer Frau (und ihren weiteren Familenangehörigen) aus Dubrovnik, deren Leben praktisch das ganze 20. Jahrhundert erfasst. Und er erzählt diese Geschichte rückwärts! Im "ersten" Kapitel (das die Nummer XV trägt) erfährt der Leser von den Ereignissen nach dem Tod der Protagonistin, danach liest man das Kapitel Nummer XIV wo von ihrem Tod die Rede ist, und so weiter, jedes Kapitel ist gleichsam die Vorgeschichte des bereits gelesen. Und das Konzept geht auf, die Lektüre bleibt von der ersten bis zur letzten Seite spannend.

Der Autor nimmt uns mit auf einer Reise durch die Geschichte des vergangenen Jahrhunderts, erzählt aus den höchst individuellen Blickwinkeln seiner Figuren, einfacher Menschen, durchwegs Kindern ihrer Zeit und ihrer Gesellschaft. Hier geht es nicht um das Erzählen "großer" Geschichte, sondern um die Wirkung die historische Veränderungen auf ganz normale Menschen haben, wie diese damit Umgehen und darüber denken.

»Freelander« vom selben Autor ist noch viel mehr eine Mentalitätsstudie des "homo croaticus" und seiner Verwandten als dieses Buch. »Das Walnusshaus« ist einfühlsamer geschrieben.

Miljenko Jergović erzählt Zeitgeschichte aus der Sicht einfacher Menschen. Das Buch ist ein großartiges Panorama des Balkans im 20. Jahrhundert. Zwischen Grauen und Komik entsteht die tragische Geschichte des Balkans im 20. Jahrhundert. 600 Seiten prallvoll mit Geschichte und Geschichten. Bunt, vielfältig und nebenbei auch noch lehrreich.

Weblink:

Das Walnusshaus
Das Walnusshaus
von Miljenko Jergović

Montag, 9. November 2009

Imre Kertész 80. Geburtstag

Imre Kertesz

Imre Kertész wurde am 9. November 1929 in Budapest geboren. Kertesz ist ein ungarischer Schriftsteller jüdischer Abstammung. Er erhielt 2002 den Nobelpreis für Literatur. Er ist der erste und bislang einzige Literaturnobelpreisträger Ungarns.

Wegen seiner jüdischen Abstammung wurde er mit vierzehn Jahren im Juli 1944 (im Verlauf eines gegen Miklós Horthy gerichteten Gendamerieputsches in Budapest, der aber letztlich scheiterte) über Auschwitz in das Konzentrationslager Buchenwald und in dessen Außenlager Wille in Tröglitz/Rehmsdorf bei Zeitz verschleppt.

Am 11. April 1945 wurde er befreit und kehrte nach Budapest zurück. Diese ihn zeitlebens prägende Zeit im Lager verarbeitete er zuerst in dem 1973 vollendeten »Roman eines Schicksallosen«.

Nach seiner Entlassung aus dem Militärdienst 1953 begann Kertész in Budapest als freier Schriftsteller und Übersetzer zu arbeiten. Seine schriftstellerische Tätigkeit wurde in seiner Heimat besonders nach dem Aufstand von 1956 durch die kommunistische Diktatur eingeschränkt. Seinen Lebensunterhalt sicherte er sich zunächst mit dem Schreiben von Texten zu Musicals und kleinen Theaterstücken, die er aber nicht zu seinem schriftstellerischen Werk zählt.

Als Übersetzer übertrug er unter anderen Werke von Friedrich Nietzsche, Hugo von Hofmannsthal, Arthur Schnitzler, Sigmund Freud, Joseph Roth, Ludwig Wittgenstein und Elias Canetti, welche allesamt sein eigenes Werk entscheidend prägten.

1960 begann er mit der 13 Jahre dauernden Arbeit an dem Buch »Roman eines Schicksallosen«, das zu einem der bedeutendsten Werke über den Holocaust zählt und das seinen Ruhm begründete. Die meisten seiner Texte sind autobiographisch inspiriert.

Imre Kertész starb am 31. März 2016 im Alter von 86 Jahren in Budapest.

Weblinks:

Roman eines Schicksallosen
Roman eines Schicksallosen
von Imre Kertész

Samstag, 10. Oktober 2009

»Die Blechtrommel« von Günter Grass

Die Blechtrommel
Die Blechtrommel

»Die Blechtrommel« ist ein Schelmenroman von Günter Grass, der in seiner Heimatstadt Danzig spielt. Mit seinem ersten Roman gelang dem damals 31-jährigen  der Durchbruch auf dem Literaturmarkt.

Held des Romans ist der boshaft tabulose Oskar Matzerath, ein Gnom, der mit drei Jahren beschließt, nicht weiter zu wachsen, um im Kindskörper vor allerhand Strafen geschützt zu sein, Matzerath, der kreischt und trommelt und nicht wachsen will in der Nazi-Umgebung, wird durch die Spuren der Realitätsverweigerung gezeichnet.

Buchstäblich mit einem Paukenschlag meldete sich in diesem Schelmenroman der kleine Oskar Matzerath in die Literatur. Er weigerte sich zu wachsen und beobachtete mit dem Blick eines bösen Zwerges die schreckliche Erwachsenenwelt nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs.

Der Roman repräsentiert ein Stück deutscher Zeitgeschichte, denn der Roman umspannt die fünf Jahrzehnte von 1899 bis in die Anfänge der Bundesrepublik. Auch ist der Krieg ist allgegenwärtig. Im seinem Werk thematisiert er die kollektive Verdrängung der Zeit während des Dritten Reiches durch die deutsche Bevölkerung. Es ging ihm auch um eine Kritik an der mangelnden Aufarbeitung.

Weblink:

Die Blechtrommel
Die Blechtrommel
von Günter Grass